Rheinpfalz: „Um ein Jahr zurückgeworfen“ (16.09.2020)

Meinung am Mittwoch: Die Corona-Pandemie hat auch die TG Frankenthal getroffen. Hockey-Projektgruppen in Schulen und Kitas sind nicht möglich. Doch Stephan Decher, Sportlicher Leiter Jugend, hält am Ziel „400 Kinder bis 2025“ fest. In welcher Altersgruppe vor allem noch Kinder fehlen, erzählt er im Interview.

Herr Decher, wie haben sich die Corona-Pandemie und der damit verbundene Lockdown auf die Jugendarbeit bei der TG ausgewirkt?Am Anfang war’s natürlich schwierig. Die komplette Anlage war geschlossen. Als nach einigen Wochen die ersten Lockerungen kamen, haben wir wieder in Kleingruppen trainiert. Wir hatten auch schnell ein Hygienekonzept entwickelt und die Stadt mit ins Boot geholt. Nach weiteren Lockerungen findet jetzt endlich wieder ein relativ normaler Trainingsbetrieb statt. Auch Wettkämpfe gibt es mittlerweile, allerdings nur auf regionaler Ebene. Die große Frage ist, wie es mit der Hallenrunde aussieht.

In welcher Altersgruppe musste die TG durch Corona den größten Aderlass verkraften?Der Aderlass war unterm Strich überschaubar. Es ist schwer, zu sagen, ob uns Kinder wegen Corona verlassen haben, oder aus einem anderen Grund. Im jüngeren Bereich wechseln die Kinder ohnehin öfter die Sportart. Wir haben jedoch nicht den Zuwachs bekommen, den wir uns erhofft hatten. Was auch daran liegt, dass wir die Sportart Hockey nicht in Schulen und Kitas bewerben konnten. Vor einem Jahr hatten wir knapp 300 Kinder. Das stellt uns aber nicht zufrieden. Die Marke möchten wir dieses Jahr knacken. Bis 2025 wollen wir 400 Kinder und Jugendliche im Verein haben.

Wo fehlt es im Moment am meisten?Bei den Minis und in unserer Ballschule, also im Altersbereich zwischen vier und sechs Jahren, haben wir relativ wenig Zuwachs und entsprechend nur kleinere Gruppen. Ebenso würden wir uns sehr über Kinder im Einstiegsalter, zwischen sechs und zwölf Jahren, freuen. Vor allem bei den Mädchen.

400 Kinder bis 2025 – muss das durch die Pandemie nach hinten korrigiert werden?Nein. Wir sind jetzt sicherlich um ein Jahr zurückgeworfen worden, und es ist ein anspruchsvolles Ziel, aber wir können es erreichen. Wir haben einige Kooperationen mit Schulen abgeschlossen, können aber leider noch nicht starten. Ich hoffe, dass es da bald Lockerungen geben wird. Hier stehen wir in den Startlöchern. Wenn wir da loslegen dürfen, können wir mit Sicherheit 30 bis 50 Kinder pro Jahr fürs Hockey begeistern.

Sie haben in unserem ersten Gespräch gesagt, dass man für nachhaltige Veränderungen Geduld braucht. Das Virus stellt die Geduld aber auf eine harte Probe. Spüren Sie eine gewisse Unruhe im Verein, was die Jugendarbeit angeht?Ich spüre keine Unruhe in der TG. Ich sehe, wie Kinder begeistert Hockey spielen, Eltern, Betreuer und Trainer sie enorm dabei unterstützen. Alle freuen sich, dass wir wieder am Schläger sind. Als Bundesligaverein müssen wir aber schauen, dass wir dauerhaft Qualität in die aktiven Mannschaften bringen. Wir wollen in Deutschland in der Spitze mitspielen. Das zu erreichen, dauert aber. Das meinte ich mit Geduld.

Wie hält man als Sportverein Kinder bei Laune, wenn es nicht möglich ist, Sport zu treiben?Wenn generell nichts mehr gemacht werden darf, ist das natürlich schwierig. Wir hatten während des Lockdowns viel Kontakt zu den Kindern, hatten über Zoom ein sehr gutes Athletiktraining angeboten. Die Trainer waren sehr engagiert, haben auch Videos gedreht und gezeigt, was man mit dem Schläger im heimischen Garten alles machen kann. Aber natürlich ist der Kontakt zu den Mitspielern nicht zu ersetzen.

Einige der Hockeycamps sind dem Virus zum Opfer gefallen. Der Tag der offenen Tür findet aber statt. Wie wollen Sie die Kinder am Wochenende für Hockey begeistern?Wir haben ein Konzept, das sich bewährt hat. Das wird für den Tag der offenen Tür an unseren Hygieneplan angepasst. Es gibt einen Parcours mit verschiedenen Stationen, an denen sich die Kinder ausprobieren können. An diesem Tag haben wir 20 bis 30 Trainer auf dem Platz, die durch die Stationen führen.

Welche Bedeutung hat die Veranstaltung in diesen Zeiten für den Verein?Der Tag der offenen Tür ist für uns als Verein sehr wichtig. Wir wollen diesen mindestens einmal pro Jahr ausrichten und uns entsprechend präsentieren. Hockey ist eine hervorragende Kombination aus Athletik, Technik und Teamfähigkeit. Zudem besitzen wir eine tolle Clubanlage und leben das soziale Miteinander ungemein.

Wann wäre der Tag der offenen Tür für Sie ein Erfolg?Wenn viele Kinder vorbeikommen und sie dabei Spaß haben. In den vergangenen Jahren waren es 70 bis 100. Wenn wir das dieses Jahr wieder schaffen, wäre es toll.

Und wenn dann einer trotzdem zum Fußball geht?Dann ist das überhaupt kein Problem. Ich bin zwar hockeyverrückt, sehe da aber einen viel wichtigeren Punkt. Die Kinder müssen sich bewegen! Aus meiner Sicht ist die Kinderwelt heute keine Bewegungswelt mehr. Das müssen wir ändern.Interview: Christian Treptow

TERMIN

Tag der offenen Tür bei der TG Frankenthal auf dem Jahnplatz am 19. September, 10 bis 13 Uhr. Mitzubringen sind Sportkleidung und Sportschuhe. Schläger werden vom Verein gestellt.