Zurück in die andere Normalität

Von Christian Treptow – DIE RHEINPFALZ

Leichtathletik: Eigentlich hätte der Nachwuchs der TG Frankenthal schon vor einigen Wochen seine ersten Einheiten auf dem Sportplatz an der Benderstraße absolvieren sollen. Aufgrund der zu hohen Inzidenzwerte wurde aber abgesagt. In dieser Woche ging es aber endlich los. Doch wie lange darf trainiert werden? Und für was?

Frankenthal. Es sind verrückte Zeiten. Nicht nur im Alltag. Auch im Sport. Vor einigen Wochen schon wollten wir an dieser Stelle eigentlich über den Trainingsauftakt der Nachwuchs-Leichtathleten der TG Frankenthal berichten. Doch einen Tag vorher die ernüchternde Nachricht von Trainerin Birte Lux: Das Training sei abgesagt. Die Inzidenzwerte seien zu hoch. „Die Absage ist uns richtig schwer gefallen“, gesteht Lux.

Doch in dieser Woche ging’s los. Endlich! Die gute Nachricht: Die Trainingsgruppe der U12 und U14 ist komplett. „Es sind alle da, die da sein sollten“, sagt Birte Lux. In der Pandemie ist kein Kind auf die Idee gekommen, dass es auch ohne Rennen und Springen in der Freizeit nett sein könnte. Ein paar Kinder kommen ein paar Minuten zu spät. „Manche Sachen ändern sich nicht“, sagt Trainer Marc Urban und lacht.

Natürlich geht’s auch diesmal wieder um Corona. Genauer um die Inzidenzwerte. Die Mütter, die ihre Sprösslinge abliefern, fragen das eine oder andere Mal nach. „Wie sieht’s am Freitag und nächste Woche aus?“ Tja, wenn die Übungsleiter – neben Lux und Urban gehört auch Erik Trinkaus dazu – das nur wüssten.

Im Oktober vergangenen Jahres habe es die letzten Trainingseinheiten gegeben. Danach? Sendepause. Na ja, nicht ganz. Onlinetraining, Laufchallenges. „Jetzt heißt es daher erst mal: reinkommen“, erläutert Lux. Die Kinder sollen einfach Spaß haben und sich bewegen.

Die Trainerin ist positiv gestimmt. „Schön, dass es endlich los geht“, sagt sie. Viele der Kinder hätten spontan zugesagt, zu kommen. Die Normalität sei in den vergangenen Monaten gewesen, dass kein Training sei. Jetzt sind Ziel und Hoffnung, dass es wieder einen dauerhaften Trainingsbetrieb gibt. Wieder zurück zur anderen, zur besseren Normalität. „Nach zwei oder drei Wochen wird es dann wieder so wie immer sein“, vermutet die ehemalige Siebenkämpferin. Ja, freie Nachmittage habe sie natürlich auch genossen. „Aber es ist schön, wieder auf dem Platz zu stehen.“ Und Marc Urban gesteht mit einem Lachen, dass er sich die Zeit erst mal wieder habe freischaufeln müssen.

Orientierung ist zu Beginn angesagt. Joggen zum Warmwerden, aber natürlich mit Abstand. „Wir waren lange nicht mehr auf dem Platz. Erst mal schauen, wohin wir laufen müssen“, meint Marc Urban scherzhaft. Ein paar Kinder laufen tatsächlich mit Maske. „Die könnt ihr abnehmen“, ruft ihnen Urban zu.

Das Wetter hat so halb ein Einsehen mit dem Bewegungsdrang der Kinder und Jugendlichen. Blauer Himmel, ein paar Wolken, Sonne, Temperaturen so um die 10 Grad, der Wind ist unangenehm. „Nicht die besten Bedingungen für Leichtathleten. Ein bisschen wärmer könnte es sein“, meint Birte Lux.

Auch für die Übungsleiter ist die Situation nicht einfach. Die Wettkämpfe im April sind schon alle abgesagt. Im Mai stehen noch ein paar Termine. Aber ob die auch wirklich stattfinden? Das alles beherrschende I-Wort drängt sich wieder unschön in den Vordergrund. „Wir machen erst mal Grundlagen“, erläutert Birte Lux. „Aber mit Hinblick auf eine Steigerung. Und der Hoffnung auf den Sommer und dass irgendwann ein Wettkampf stattfindet.“

Sollte auch heuer wieder alles abgesagt werden müssen, wäre es für einige Kinder die zweite Saison hintereinander ohne offizielle Wettkämpfe. Doch gerade diese bräuchten die Kinder, betont Birte Lux. Auch der Nachwuchs will schließlich wissen, wofür er die Freizeit auf dem Trainingsplatz verbringt. „Die Kids wollen sich untereinander messen. Und natürlich auch gewinnen. Die Kinder interessiert schon, wie weit sie springen oder wie schnell sie laufen können.“ Motivationsprobleme hätten vor allem die ganz Kleinen nicht.

Manche sind nicht mehr so klein. Ein halbes Jahr – da wachsen Kinder. Weshalb die Coaches in der ersten Einheit auf die Basics setzen. „Die Kinder müssen erst mal wieder reinkommen. Verlernt haben sie nichts, aber sie müssen schauen, wie sie sich mit größeren Gliedmaßen bewegen müssen“, erklärt Birte Lux. Also ist erst mal Koordination angesagt.

Marc Urban und Erik Trinkaus haben ihre Gruppen auf der Laufbahn und neben den Weitsprunggruben im Griff. Bei Urban müssen sich die Kinder erst hinlegen und dann über Hütchen sprinten. Seine Schützlinge seien alle relativ fit. Bei den noch jüngeren Jahrgängen am Tag zuvor sei die Streuung breiter gewesen. „Von nach fünf Minuten platt bis unkaputtbar war alles dabei“, sagt er mit einem Grinsen, das man auch hinter der Maske sieht.

„Das Schlimme ist die Ungewissheit“, betont Urban. „Wir können nächste Woche alles dürfen, können aber auch nichts dürfen.“ Und dann komme immer wieder die Frage auf, warum die einen die Erlaubnis haben, zu trainieren, die anderen aber die Sporttasche gepackt zu Hause in der Ecke stehen lassen müssen.

Für die Kinder, die mit Erik Trinkaus gerade Startübungen auf der Tartanbahn machen, ist das allerdings wohl Nebensache. Geduldig erklärt der Coach, worauf es ankommt. Wenn der linke Fuß vorgeht, muss die rechte Hand auf den Boden. Und umgekehrt. Und dann geht’s auf sein Kommando los. „Aber mit Pfeffer“, wie er den Kindern anfeuernd zuruft. „Ihr müsst euch nach vorne beugen, bis ihr das Gefühl habt, umzufallen. Den Schwung könnt ihr mitnehmen.“

Die Elternschar, die die Trainingskiebitze gibt, schaut zu und kann erfreut zur Kenntnis nehmen, dass sich ihre Kinder freuen, wenn sie einen kleinen Trainingssprint über 30 Meter gewinnen. Da gehen die Arme bei den Kleinen in die Höhe, auch wenn niemand die Zeit gestoppt hat. Egal, die Mienen am Start sind konzentriert. Bei einem Fehlstart ruft Trinkaus den Delinquenten zurück.

Als sich die Temperaturen anschicken, sich in den einstelligen Bereich zurückzuziehen, geht’s zur Weitsprunggrube. Da sieht man, dass die Pause lang war. Stichwort: Koordination. Aber Weiten werden eh nicht gemessen. Man sieht den Kindern die Freude an der Bewegung an. Es sind Sprünge zurück in die andere Normalität. Sie alle hoffen, dass diese in den kommenden Wochen anhält.

Quelle: Die Rheinpfalz, Frankenthaler Zeitung – Nr. 88, Freitag, den 16.April 2021, Seite 8

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